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Marcel Müller hat seine Chancen genutzt

Eine Krise lässt Marcel Müller den Boden unter den Füßen verlieren. In der Küche der Weckelweiler Gemeinschaften findet er über eine sogenannte Fachwerker-Ausbildung gerade wieder zurück in die Berufstätigkeit.

Er beginnt eine Lehre als Mechatroniker in einer renommierten Crailsheimer Werkstatt. Auch sportlich ist er sehr aktiv. Trotzdem rutscht Marcel Müller vor rund zehn Jahren in eine tiefe psychische Krise. Nichts geht mehr. 

2016 kann Marcel Müller im Berufsbildungsbereich der Weckelweiler Gemeinschaften langsam einen Neustart beginnen. Er absolviert verschiedene Praktika – darunter auch in der Küche der Weckelweiler Gemeinschaften, in der von montags bis freitags ein schmackhaftes Mittagessen für die Werkstattmitarbeitenden und Mitarbeiter:innen des Sozialunternehmens gekocht wird.

In der Großküche funkt es sofort. Mit Fleiß, Ausdauer und der Unterstützung durch Küchenleiter Stephan Hollmann und seinem Stellvertreter Khimananda Bhandari arbeitet sich Marcel Müller Schritt für Schritt in sämtliche Abläufe ein. Die beiden unterstützen den anfänglich sehr verschlossenen, aber auch engagierten jungen Mann und erreichen schließlich, dass er sich für eine Ausbildung als Fachwerker bewirbt.

Eine Fachwerker-Ausbildung ist eine staatlich anerkannte Ausbildung, die sich an junge Menschen wendet, denen das praktische Arbeiten liegt, die sich aber mit der Theorie schwertun. Die Ausbildung dauert drei Jahre, ist praxisorientiert und bei erfolgreichem Abschluss haben die frisch gebackenen Fachwerker:innen auch gleichzeitig einen Hauptschulabschluss in der Tasche, mit dem sie eine klassische Gesellenausbildung anschließen können. 

Damit dieses Ziel erreicht wird, findet parallel zur Praxis und zur Berufsschule individueller Förderunterricht statt. Das kann Deutsch- oder Matheunterricht, oder wie im Fall von Marcel Müller, auch mal Kräuterkunde sein. Auch der Sozialdienst der Weckelweiler Gemeinschaften ist involviert und vermittelt bei Bedarf weitere Sozialkompetenzen. Praktika ermöglichen zudem Einblicke in Unternehmen außerhalb der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, zu der die Großküche der Weckelweiler Gemeinschaften gehört.

Da es sich bei der Fachwerker-Ausbildung um eine Maßnahme im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Agentur für Arbeit handelt, müssen die Bewerber:innen allerdings bestimmte Fördervoraussetzungen erfüllen, damit die Ausbildung durch die Arbeitsagentur finanziert werden kann.

Da Marcel Müller bereits über 30 ist, kommt diese Ausbildungsart eigentlich nicht mehr für ihn in Frage. Zweimal wird seine Bewerbung daher abgelehnt. Doch er und die beiden Küchenchefs bleiben dran. Marcel Müller gehört einfach in die Küche. Die Mühe lohnt sich, beim dritten Mal sagt die Agentur für Arbeit zu und er darf dann doch mit der Ausbildung beginnen.

Heute ist der 38-Jährige im zweiten Lehrjahr. Dass er mit Menschen mit geistiger Behinderung im Team ist, empfindet er als Bereicherung. „Mir macht es Spaß, Leuten etwas zu zeigen, etwas weiterzugeben“, sagt er. Zwei seiner Kollegen habe er sogar ganz ins Herz geschlossen. 

„Ich habe mich durch die Anerkennung in der Küche und die Ausbildung stark verändert und bin viel offener geworden“, erzählt Marcel Müller. Er kann wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Auch zeichnen sich bereits die ersten Optionen für die Zeit nach der Ausbildung ab. 

„Uns ist es wichtig, dass die Fachwerker-Ausbildung in einem geschützten Rahmen stattfindet und trotzdem eine hohe Qualität aufweist. Sie soll auf den regulären Arbeitsmarkt führen“, betont Elke Kühn, Leiterin des Ausbildungszentrums in Weckelweiler. Marcel Müller wird dieses Ziel wohl mühelos erreichen.

Info: Fachwerker-Ausbildungen sind in den Weckelweiler Gemeinschaften in den Bereichen Hauswirtschaft, Metallbau, Gemüseanbau, Garten- und Landschaftsbau, in der Holzbearbeitung sowie als Maler:innen und Lackierer:innen möglich. Die theoriereduzierte Berufsschule findet in Schwäbisch Hall beziehungsweise in den grünen Berufsfeldern in Rot am See-Beimbach statt. Ein Praktikum ist jederzeit möglich. Weitere Informationen: Elke Kühn, Leitung Ausbildungszentrum, Telefon 07954 970-164, kuehn@weckelweiler.de