Therapiehund Lui leistet bei den Weckelweiler Gemeinschaften gute Arbeit
Es hat geschneit, es ist nasskalt und zugig. Das scheint die kleine Gruppe aber nicht zu stören. Die Leine von Therapiehund Lui, einem schwarzen Großpudel, wechselt von einem zum anderen. Hundebesitzer Olaf Köstner interveniert von Zeit zu Zeit oder gibt kleinere Übungen vor. Es wird viel gelacht und ausprobiert. Lui wirkt sehr interessiert, bleibt aber ruhig und entspannt.
„Ich hatte immer einen Arbeitsplatz, an dem auch Hunde willkommen waren“, erzählt Olaf Köstner, der bereits als Kind die Kettenhunde der Nachbarn ausführte und mit 12 Jahren seinen ersten eigenen Hund aus dem Crailsheimer Tierheim bekam. Seitdem begleiten ihn Hunde der verschiedensten Rassen durchs Leben. Der Diplom-Sozialpädagoge absolvierte 2015 eine berufsbegleitende Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Interventionen nach Richtlinien der ISAAT. Seit August 2019 arbeitet er nun beim Sozialdienst der Weckelweiler Gemeinschaften und begleitet dort die Ausbildung von Fachwerker:innen und Fachpraktiker:innen. Bei dieser dreijährigen Ausbildung ist der Theorieanteil reduziert. Während der Ausbildung bieten die Weckelweiler Gemeinschaften den Azubis Stütz- und Förderunterricht an. Und auch die Unterstützung in persönlichen Bereichen ist gewährleistet.
An den Tagen mit „Arbeitseinsatz“ ist der viereinhalbjährige Lui, mit dem Olaf Köstner die Ausbildung zum Besuchs- und Therapiehund gemacht hat, im Büro dabei. „Er bekommt auch seine Pausen. Auch ein Therapiehund muss Hund bleiben dürfen. Lui hat ein sehr höfliches Wesen, kommt niemandem ungebeten zu nahe, bedrängt niemanden, fordert aber Rücksichtnahme ein,“ beschreibt Olaf Köstner seinen Gefährten. Zu direkten Augenkontakt oder das unmittelbare Tätscheln am Kopf empfinden Hunde – und vor allem Lui – nämlich zunächst bei Fremden als Übergriff.
Das freundliche Wesen von Lui erschließt sich allerdings erst auf den zweiten Blick. Zunächst wirkt der große schwarze Hund auf viele eher furchteinflößend. „Trotzdem wirkt Lui wie ein Türöffner. Der Kontakt zu Klientinnen und Klienten wird über den Hund oft einfacher“, so Olaf Köstners Erfahrung.
Hunde begleiten den Menschen seit mindestens 30.000 Jahren. „Hunde haben im Laufe der Domestizierung gelernt, uns Menschen zu lesen. Eigentlich müssen wir mit Hunden auch im Training wenig sprechen, unsere Körpersprache ist viel wichtiger“, erklärt der Fachmann. Diese Fähigkeit der Vierbeiner nutzt Olaf Köstner zum Beispiel bei Klientinnen und Klienten zur Schulung von innerer Stärke. Ein Kommando, wie zum Beispiel „Sitz“, wird hauptsächlich über die Körpersprache und Haltung vermittelt. „Du musst daran glauben, dass der Hund auf dich hört und dieses Selbstbewusstsein über deinen Körper ausdrücken“, erklärt Olaf Köstner während eines Sozialkompetenztrainings. Seine Schützlinge erfahren so über den Hund, dass sie etwas beim Anderen im positiven Sinne bewirken können. Bauen Klient:innen mit der Zeit eine Bindung zu Lui auf, können nebenbei alte oder fehlende Bindungsmuster angegangen werden. Bei distanzlosem Verhalten reagiert gerade der sensible Lui mit Rückzug. Dem Tier zu liebe, fällt es den jungen Erwachsenen erstaunlich leicht, Grenzen zu akzeptieren. Und auch der Körperkontakt zum Hund ist ein Wirkfaktor der tiergestützten Interventionen, da hierüber das Bindungshormon Oxytocin beim Menschen ausgeschüttet wird.
Die Spaziergänge mit Lui und der Gruppe finden in Weckelweiler im Rahmen der arbeitsbegleitenden Maßnahmen statt. Jede Werkstatt für Menschen mit Behinderung muss diese internen Fortbildungen anbieten. Sie dienen entweder der beruflichen Qualifizierung oder aber der Persönlichkeitsentwicklung der Werksattbeschäftigten mit Assistenzbedarf.
Diese Spaziergänge sind sehr beliebt und der Kurs ist immer schnell ausgebucht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden durch Lui nicht nur bei Wind und Wetter zu Bewegung im Freien motiviert. Olaf Köstner baut auf der Strecke auch Spiele und Aufgaben ein. So werden im Gelände zum Beispiel Gegenstände versteckt, die Lui suchen oder apportieren muss. Über die Suche werden auch bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ganz nebenbei der Orientierungssinn, das Zählvermögen und das Gedächtnis geschult. Aber auch ohne Aufgaben bringen die gemeinsamen Spaziergänge viel Freude, ein gutes Gefühl und stärken die Gruppe.
„Wir freuen uns, dass der Einsatz von Lui bisher so gut klappt“, so Petra Bittinger und Prof. Dr. Steffen Koolmann, die beiden Vorstände der Weckelweiler Gemeinschaften. Und auch für Olaf Köstner steht fest, dass er künftig im Rahmen einer freiberuflichen Nebentätigkeit eine tiergestützte Therapie anbieten möchte. Aktuell baut er seine Selbstständigkeit in diesem Bereich aus.